Sonntag, 8. Februar 2015

Häuserkampf

Kriminalhörspiel von Ulrich Land

für Deutschlandradio Kultur
Dramaturgie: Torsten Enders
Regie: Sven Stricker
Ursendung: 23. Februar 2015, 21:3o Uhr


Einladung zum Hinhören


Ein Hörspiel mit real existierendem Hintergrund: Im traditionell "armen" Nordwesten des Ruhrgebiets, in Duisburg-Bruckhausen wurden 2013/14 circa 170 gründerzeitliche, zum Teil denkmalgeschützte Wohnhäuser in Schutt und Asche gelegt. Etwa 1500 Personen mussten ihre Wohnungen bzw. Häuser verlassen. Vor allem Migranten, alteingesessene Bruckhauser, Hartz-IV-Empfänger. Bis auf den heutigen Tag harren einige Bürger mitten in ihrem Viertel aus, während um sie herum die Planierraupen ihr Handwerk verrichten. Hinter dem beamtendeutsch-euphemistisch "Rückbau" genannten Projekt steckt ein skandalöser Deal zwischen ThyssenKrupp Steel und der Stadt Duisburg, die finanziell seit Jahren mit dem Rücken an der Wand steht. Der Stahlkonzern – seines Zeichens größter Arbeitgeber in Duisburg – spendete der Stadt 35 Millionen €. Unter der Maßgabe, dass man mit diesen Geldern das so genannte "Problemviertel" Bruckhausen direkt vor der Werksmauer durch eine Grünanlange ersetze. Für ThyssenKrupp zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen lässt sich so die Werkszufahrt beträchtlich aufhübschen, da man ohnedies das Image des schmutzigen Stahlkonzerns im abgewrackten Ruhrpott loswerden möchte. Und zum anderen kann man so dem inzwischen gesetzlich vorgeschriebenen Abstand zwischen Schwerindustrie und Wohngebieten wenigstens ansatzweise näher kommen. In Bruckhausen also wurde im Interesse eines Großkonzerns und einer notorisch klammen Kommune die "Entmietung" von Hunderten von Wohnungen betrieben, anderthalbtausend Einzelschicksale standen zur Disposition.



 Was man für eine Posse aus dem Bilderbuch des Meltingpots Duisburg zwischen Hochöfen, Abrissbirnen und stadtplanerischer Hilflosigkeit halten könnte, ist doch bittere Realität! Und so sind auch die Personen dieses Hörspiels durchaus nicht frei erfunden – wenn auch mit fiktiven Namen ausstaffiert. Die hochbetagte "Frau Hoffmann" etwa hat nach ihrer Umsiedlung noch wochenlang in ihrer leergeräumten Wohnung gehaust, die sie nicht im Stich lassen wollte und konnte. Von den letzten noch verbliebenen türkischen Nachbarn wurde sie mit warmem Essen versorgt, nachdem das Entrümplungskommando die Möbel unten auf dem Bürgersteig aufgetürmt hatte.

Der Abriss Bruckhausens: Ein Verbrechen an den Ruhrpott-Leuten, das nur so nach einem Verbrechen schreit! Zumal dann, wenn es exakt vor der Kulisse stattfindet, wo etliche Schimanski-Streifen gedreht wurden. Nicht nur der alte Hochofen ist jetzt verschwunden, sondern auch die Wohnstraßen davor und die Menschen, die sie bevölkerten! Insofern setzt dieses Krimihörspiel Bruckhausen und seinen Bewohnern ein Denkmal.

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