Kriminalhörspiel
von Ulrich Land
für
Deutschlandradio Kultur
Dramaturgie:
Torsten Enders
Regie: Sven
Stricker
Ursendung: 23.
Februar 2015, 21:3o Uhr
Einladung
zum Hinhören
Ein
Hörspiel mit real existierendem Hintergrund: Im traditionell "armen"
Nordwesten des Ruhrgebiets, in Duisburg-Bruckhausen wurden 2013/14
circa 170 gründerzeitliche, zum Teil denkmalgeschützte Wohnhäuser
in Schutt und Asche gelegt. Etwa 1500 Personen mussten ihre
Wohnungen bzw. Häuser verlassen. Vor allem Migranten,
alteingesessene Bruckhauser, Hartz-IV-Empfänger. Bis auf den
heutigen Tag harren einige Bürger mitten in ihrem Viertel aus,
während um sie herum die Planierraupen ihr Handwerk verrichten.
Hinter dem beamtendeutsch-euphemistisch "Rückbau"
genannten Projekt steckt ein skandalöser Deal zwischen ThyssenKrupp
Steel und der Stadt Duisburg, die finanziell seit Jahren mit dem
Rücken an der Wand steht. Der Stahlkonzern – seines Zeichens
größter Arbeitgeber in Duisburg – spendete der Stadt 35 Millionen
€. Unter der Maßgabe, dass man mit diesen Geldern das so genannte
"Problemviertel" Bruckhausen direkt vor der Werksmauer
durch eine Grünanlange ersetze. Für ThyssenKrupp zwei Fliegen mit
einer Klappe: Zum einen lässt sich so die Werkszufahrt beträchtlich
aufhübschen, da man ohnedies das Image des schmutzigen Stahlkonzerns
im abgewrackten Ruhrpott loswerden möchte. Und zum anderen kann man
so dem inzwischen gesetzlich vorgeschriebenen Abstand zwischen
Schwerindustrie und Wohngebieten wenigstens ansatzweise näher
kommen. In Bruckhausen also wurde im Interesse eines Großkonzerns
und einer notorisch klammen Kommune die "Entmietung" von
Hunderten von Wohnungen betrieben, anderthalbtausend Einzelschicksale
standen zur Disposition.
Was man
für eine Posse aus dem Bilderbuch des Meltingpots Duisburg zwischen
Hochöfen, Abrissbirnen und stadtplanerischer Hilflosigkeit halten
könnte, ist doch bittere Realität! Und so sind auch die Personen
dieses Hörspiels durchaus nicht frei erfunden – wenn auch mit
fiktiven Namen ausstaffiert. Die hochbetagte "Frau Hoffmann"
etwa hat nach ihrer Umsiedlung noch wochenlang in ihrer leergeräumten
Wohnung gehaust, die sie nicht im Stich lassen wollte und konnte. Von
den letzten noch verbliebenen türkischen Nachbarn wurde sie mit
warmem Essen versorgt, nachdem das Entrümplungskommando die Möbel
unten auf dem Bürgersteig aufgetürmt hatte.
Der
Abriss Bruckhausens: Ein Verbrechen an den Ruhrpott-Leuten, das nur
so nach einem Verbrechen schreit! Zumal dann, wenn es exakt vor der
Kulisse stattfindet, wo etliche Schimanski-Streifen gedreht wurden.
Nicht nur der alte Hochofen ist jetzt verschwunden, sondern auch die
Wohnstraßen davor und die Menschen, die sie bevölkerten! Insofern
setzt dieses Krimihörspiel Bruckhausen und seinen Bewohnern ein
Denkmal.
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